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Geschichte hautnah erleben


Anfang Februar waren die 12. Klassen des DPFA-Regenbogen-Gymnasiums Zwenkau zu Besuch in der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau. Im Rahmen einer Geschichtsexkursion informierten die Schüler und Schülerinnen sich über die einstige Disziplinierungsanstalt der DDR.

 

Ein Beitrag der Schülerinnen Cassandra Herrmann und Janina Barthel

Heute hat Jeder, Jede von uns irgendetwas, womit er sich von der Masse, oft sogar bewusst, abhebt. Ob es sich dabei um ungewöhnliche Hobbys oder die Vorliebe von bestimmten Musikrichtungen, wie Metal oder Punk handelt. In der DDR hat solches Verhalten, ähnlich wie Rauchen oder Trinken ohne das Mindestalter erreicht zu haben, dazu geführt, dass die Jugendhilfe einschritt, da sich betreffende Jugendliche nicht zu dem Idealbild einer "sozialistischen Persönlichkeit" entwickelten.

Umerziehungsmaßnahmen im Jugendwerkhof

Ziel der Erziehung in der DDR war, dass am Ende eine sozialistische Persönlichkeit hervorgeht, die gut in der Gruppe arbeiten und sich gut in die Gesellschaft einfügen kann und dem Ideal von Ordnung, Strebsamkeit, Selbstlosigkeit, Treue zu den Ideen des Sozialismus und Patriotismus gegenüber der DDR entspricht. Wenn der Staat diese Entwicklung gefährdet sah, griff, ohne Mitspracherecht der Eltern oder Erziehungsberechtigten, die Jugendhilfe ein und betreffende Kinder landeten in Kinderheimen. Wer dort Zeichen von Schwererziehbarkeit zeigte oder zu oft versuchte dem Zwang und von Drill geprägtem Alltag zu entfliehen, landete in einem Alter von 14 bis 18 Jahren in einen Jugendwerkhof.

Leben wie im Gefängnis

Die Unterbringung im Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau, der Einzige seiner Art in der DDR, war auf maximal sechs Monate begrenzt, wobei diese quälend waren und gefühlt kaum vergingen. Dort wurde versucht den Willen der Jugendlichen zu brechen und sie so empfänglicher für eine strenge sozialistische Erziehung zu machen.

Zwischen 1964 und 1989 wurden über 5000 Jugendliche den brutalen Erziehungsmaßnahmen in der ehemaligen Strafanstalt unterzogen. Bereits bei der Ankunft wurden sie wie Verbrecher behandelt. Durch eine Sicherheitsschleuse kamen sie auf das Gelände, das wie ein Gefängnis mit hohen Mauern, Stacheldraht und vergitterten Fenster gesichert war. Dort angekommen wurden die Jugendlichen jeglicher Individualität beraubt, indem sie ihren privaten Besitz gegen einheitliche Werkhofkleidung tauschen mussten, und die Haare abgeschoren wurden. Darauf folgten mehrere Tage in Einzelhaft, in kleinen Zellen, in welchen die Hausordnung auswendig gelernt werden musste.

Das Gebäude des Jugendwerkhofes Torgau von außen fotografiert. Maßige Mauern und hohe Türme erinnern an ein Gefängnis-
Im Jugendwerkhof sind ehmalige "Zellen" nachempfunden, ein dunkler Raum mit nur einem kleinen Fenster.
Auf einer roten Wand stehen in weißer Schrift mehrere Erinnerungsmahnungen an den Erziehungsstil der ehemaligen DDR.
Die 12. Klassen des DPFA Regenbogen Gymnasiums versammeln sich zu einem Vortrag in der Gedenkstätte.
Eine Bank aus damiligen Zeit verziehrt mit vielen Erinnerungen der Besucher.

Seit dem Jahr 1998 gibt es in Torgau eine "Erinnerungs- und Begegnungsstätte" im einstigen Jugendwerkhof. Schon von außen erinnern die hohen Mauern und die vergitterten Fenster des Gebäudes an ein Gefängnis. Fotos: Stefan Weicker/DPFA Zwenkau

Seelische Wunden - bis heute

Für Verstöße wurde mit scheinbar unmöglich zu bewältigenden sportlichen Aufgaben unter militärischem Drill oder gewaltsamen Übergriffen bezahlt. Das wohl Grausamste und Wirkungsvollste waren die Kollektivstrafen. Für ein Fehltritt einer einzelnen Person wurden alle gleichermaßen bestraft, sodass die Insassen nicht nur Gewalt durch das Personal des Jugendwerkhofes sondern auch durch die Mitinsassen fürchten mussten. Jeder war darauf bedacht, sich selbst durchzubringen, und wenn es zu Kollektivstrafen kam, wurden durchaus auch Racheakte innerhalb des Kollektivs verübt, bei denen das Personal nicht selten wegschaute.

Sobald ein Jugendlicher in einem Werkhof eingewiesen wurde, hörte jegliche schulische Bildung auf, sodass die Insassen gezwungen waren, vom Werkhof vorgegebene, oft monotone und harte Ausbildungsberufe auszuführen. Damit wurde Vielen die Chance auf eine selbstbestimmte Zukunft mit Studium oder prinzipiell mit der Ausführung eines Wunschberufs verbaut. Darüber hinaus sorgten die oft willkürlichen, harten, gewaltsamen Strafen und Arreste für Traumata, die von Vielen bis heute noch nicht überwunden werden konnten.

 


Im Rahmen der Exkursion erfuhren wir Schüler und Schülerinnen des DPFA-Regenbogen-Gymnasiums Zwenkau einiges über die Geschichte des Werkhofs. Die grausame Erziehungsmethodik der DDR schockierte uns alle. Im Rahmen eines Zeitzeugengespräches erhielten wir sogar die Möglichkeit, uns mit Einzelschicksalen vertraut zu machen.

Vielen Dank an dieser Stelle für das Team der Gedenkstätte GJWH Torgau für diesen Einblick.